Ressourcen bewusst machen
9. Januar 2017Ressourcenarbeit in der Arbeitnehmerberatung – Beitrag von Heiner Behrens
Menschen verfügen oft über Fähigkeiten, Fertigkeiten, Erfahrungen und Stärken, die ihnen gar nicht bewusst sind.
Respekt, Familienstolz, Verlässlichkeit gehören zu den interpersonellen Ressourcen. Bei Eigenschaften wie Durchhaltevermögen und Humor sprechen wir hingegen von intrapersonellen Ressourcen. Äußere Ressourcen sind z.B. soziale und funktionelle Strukturen wie Einkommen, soziale Netzwerke oder ökonomischer Status. Darüber hinaus sind Ressourcen das, was in einer bestimmten Situation wertgeschätzt wird oder als besonders hilfreich erlebt wird.
Menschen benötigen Ressourcen zur Bewältigung ihrer täglichen Probleme. Dies gilt umso mehr, wenn Lebenskrisen bewältigt werden müssen. Die ganz persönlichen Ressourcen können in schwierigen Situationen eine hilfreiche Kraftquelle sein.
Was bedeutet das in der Beratungspraxis?
Wenn es durch Beratung gelingt, dass Klienten ihre inneren und äußeren Ressourcen wahrnehmen, können diese im Sinne eines „Werkzeugkastens“ systematisch für die Bewältigung von Aufgaben genutzt werden. Der Berater kann den Klienten helfen, ihre Ressourcen zu identifizierten, um sie dann bei ihnen als Kraftspender zu „verankern“.
Beispiele aus der Beratungspraxis:
Eine fast 60-jährige Krankenschwester, die ausschließlich im Nachtdienst tätig war, verliert ihren Job. Im Beratungsgespräch berichtet sie von ihrer großen Tierliebe. Sie engagiert sich für Pferde und betreibt in ihrer Freizeit schon lange einen kleinen Pferdegnadenhof. Diese intrapersonelle Ressource gibt ihr die nötige Kraft, um eine neue berufliche Perspektive zu entwickeln. Da sie kaum Aussicht auf eine neue Anstellung als Krankenschwester hat, erweitert sie den Gnadenhof und nimmt gegen Entgelt zusätzlich Gastpferde auf.
Eine 21jährige Auszubildende, die schon als Jugendliche unter Depressionen litt und übermäßig viel Alkohol trinkt sowie Ecstasy konsumiert, entwickelt eine Magersucht. Nach diversen stationären Behandlungen leidet sie immer noch unter einem schwachen Selbstwertgefühl. Sie glaubt, ihre Abschlussprüfung nicht zu schaffen. In einem Gespräch über ihre Herkunftsfamilie identifiziert sie als Vorbild ihre Oma. Diese sei ein „Stehaufmännchen“. Sie habe nach dem Krieg allein ihre große Kinderschaar „durchgebracht“ und sei dabei optimistisch geblieben. Im Laufe des Gesprächs erkennt sie Punkt für Punkt, durch welche Eigenschaften die Oma diese Kraft hat. Sie entwickelt daraufhin eigene Lebensbewältigungsideen und blickt nun optimistischer in die Zukunft.
Die Einstellung der beratenden Person ist in der ressourcenorientierten Beratung ein wichtiger Faktor. Sie sollte sich zunächst selbst einschätzen: „Fühle ich genügend positive Resonanz, um meinem Gegenüber Kraft- Ressourcen zu unterstellen?“
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